Das 21. internationale Thomas-Mann-Festival „Die Büchse der Pandora?“ begann mit einem Konzert in der Evangelischen Kirche Nida. Die diesjährigen Festivalgespräche und -konzerts sind auf die eine oder die andere Art und Weise mit der Oktoberrevolution von 1917 verbunden, die tiefe Spuren in der Gesellschaft, Kultur und Kunst hinterlassen hat.

Das Festival wurde von seinem Schirmherren, dem Präsidenten der Republik Litauen a. D. Valdas Adamkus, eröffnet. Laut ihm verdienen jede auf Vertrauen basierende Verbindung zwischen Menschen, Nationen und Staaten, jedes Treffen im Namen der Kunst und jede Geste des guten Willens einen großen Respekt. Genauso wie das Bemühen, es den Menschen zu ermöglichen, mit all ihrer Vielfalt und mit allen ihren kulturellen, religiösen und persönlichen Unterschieden zu leben, ohne in Konflikte und Kriege verwickelt zu werden – ohne die Büchse der Pandora zu öffnen.

„Und ich möchte nicht hören, dass dies vom Leben weit entfernt sei, dass es eine idealistische und keine realistische Weltanschauung sei. Ja, in vielen Fällen ist es eine Zielvorstellung. Ich gehöre aber der Generation an, die die Absurdität und Grausamkeit des Krieges erblickt hat und den wahren Wert des Friedens kennt, sowie der Möglichkeit, ruhig und kunstvoll zu leben. Ich glaube, wenn wir dieses Ideal Wirklichkeit werden lassen, wenn wir uns an diesen Kurs und diese Werte halten, führen wir auf eine gewisse Art und Weise die Arbeit fort, die Th. Mann und andere Humanisten geleistet haben. Dabei sollten wir die Verbindung zur Natur und zueinander nicht verlieren und alles in unserer Macht stehende tun, damit die Büchse der Pandora für ewig geschlossen bleibt“, sagte der Präsident a.D. Valdas Adamkus auf der Eröffnungsfeier.

„Es gibt keinen Humanismus mit geschlossenen Augen. Wenn man sich dafür nicht einsetzt und nicht alle möglichen humanistischen, diplomatischen, politischen und kulturellen Anstrengungen unternimmt, werden auf der Welt leider nicht Ruhe und Frieden herrschen“, betonte der Präsident.

Die Büchse der Pandora als Quelle aller Übel wird auf dem diesjährigen Thomas-Mann-Festival nicht zufällig thematisiert. Ruth Leiserowitz, die Vorsitzende des Kuratoriums des Thomas-Mann-Kulturzentrums, das das Festival organisiert, stellt die Frage, ob die Revolution von 1917 etwa die Büchse der Pandora war, aus der die fundamentalen Irrtümer des 20. Jahrhunderts entsprangen? Genau über diese Vergangenheit, die über Jahrhunderte nicht vergeht, wird der berühmte russische Journalist und Politikkommentator Konstantin von Eggert während seines Besuchs in Nida sprechen.

Das Thomas-Mann-Festival hält auch andere Überraschungen parat. Im Eröffnungskonzert des Festivals wurde unter anderem das eigens für das Festival komponierte Stück „Nida: Briefe aus Venedig“ aufgeführt, das von einer Komponistin der jüngeren Generation, von Diana Čemerytė, stammt. Die Komponistin schöpfte ihre Inspiration für dieses Werk, das meisterhaft vom Chor „Aidija“ dargeboten wurde, aus Thomas Manns Novelle „Der Tod in Venedig“.

Für das Festival eine Novität ist die Aufführung der für Blasinstrumente geschriebenen Stücke der Komponisten Franz Danzi, Carl Nielsen und György Ligeti. Eines der Konzerte des Thomas-Mann-Festivals wird dem Werk der russischen Komponisten Alexander Glasunow, Alexander Tscherepnin und Alfred Schnittke gewidmet.

Dem Publikum des Festivals werden darüber hinaus die Gewinner des zum ersten Mal in der Geschichte des Festival ausgeschriebenen Essay-Wettbewerbs für Jugendliche vorgestellt sowie ihre Werke vorgelesen.

Wie jedes Jahr wird das vom Goethe-Institut Litauen präsentierte Kinoprogramm die Besucher des Festivals zu Abenden einladen, auf denen die besten Filme litauischer, deutscher und polnischer Regisseure vorgestellt werden. Dazu werden wir dieses Jahr auf dem Festival zum ersten Mal auch einen Animationsfilm sehen, der von dem deutschen Musiker und Medienkünstler Thomas Köner live begleitet wird.

Quasi täglich eröffnen in immer weiteren Räumen Ausstellungen, die den Festivalgästen zeigen wollen, wie sich die Geschichte in der Kunst spiegelt. Marianne von Werefkin, deren Bilder in diesem Jahr erstmals in Nida gezeigt werden, verfügte nach dem Ersten Weltkrieg einzig über einen Nansen-Pass, den Reisepass für staatenlose Flüchtlinge und Emigranten und schuf trotzdem weiter große Kunst.

Auf dem Festival wird das Buch von Manfred Flügge „Das Jahrhundert der Manns“ vorgestellt, das von Kristina Sprindžiūnaitė aus dem Deutschen ins Litauische übersetzt wurde.

Schirmherren des Thomas-Mann-Festivals sind seit vielen Jahren der Litauische Präsident a. D. Valdas Adamkus und die Litauische UNESCO-Kommission.

Das Projekt wird teilweise durch den Litauischen Kulturrat und das Kulturministerium der Republik Litauen finanziert.

Das Thomas-Mann-Festival findet von 15. bis 22. Juli in Nida statt. Mehr Informationen finden Sie auf www.mann.lt

Die Pressemitteilung wurde von Mindaugas Linkaitis, dem Pressesprecher des Thomas-Mann-Festivals, erstellt