Das Erbe von Thomas Mann, dem Nobelpreisträger und einem der bekanntesten Schriftsteller des 20. Jahrhunderts, wird nicht nur in Nida, wo sich der Meister der Feder in der Zwischenkriegszeit ein Sommerhaus gebaut hat,  gewahrt und für die Öffentlichkeit ausgestellt, sondern auch darüber hinaus: am 26.–28. Juni treffen sich hier die Vertreter der Kultureinrichtungen, die sich zu einem internationalen Netzwerk der Thomas-Mann-Häuser zusammengeschlossen haben. Die in vier Staaten agierenden Organisationen pflegen das Erbe aus unterschiedlichen Lebensabschnitten des Schriftstellers.

Vor zwei Jahren wurde am Heiligabend in Lübeck, der Heimatstadt des Schriftstellers, von fünf Kultureinrichtungen aus den USA, aus Litauen, aus der Schweiz und aus Deutschland eine Assoziation gegründet. Die Entstehung und die Tätigkeit dieser Kultureinrichtungen sind mit verschiedenen Lebensabschnitten von Thomas Mann verbunden. Auf dem Programm des angekündigten Treffens in Nida stehen Gespräche über die gemeinsamen Initiativen und eine Erkundung dieser einmaligen litauischen Gegend und des hiesigen Th.-Mann-Museums.

Dr. Lina Motuzienė, Organisatorin des Treffens und Direktorin des Th.-Mann-Kulturzentrums, sagt, dass die Digitalisierung der Artefakt-Sammlungen, die einen Bezug zu Persönlichkeit und Leben des Schriftstellers haben, eines der aktuellsten Themen des Treffens ist. Weitere aktuelle Themen sind die Forschung und das Organisieren von Ausstellungen und anderen Veranstaltungen. Der Zusammenschluss der verschiedenen Einrichtungen soll die Themen Politik, Demokratie, Migration und Exil in den Vordergrund stellen – Themen, die für Thomas Mann und seine Nachfolger wichtig waren und sind.

„Der geografische Maßstab unseres Netzwerkes und unsere Tätigkeit veranschaulichen deutlich, dass geographische Entfernung kein Hindernis für eine effiziente Partnerschaft in der heutigen Welt ist. Deshalb möchten wir nicht nur alle Möglichkeiten einer lebendigen Kommunikation, sondern auch jene der modernen Technologien ausnutzen“, sagte Dr. L. Motuzienė.

Der Umfang an geleisteter Arbeit und an Archivmaterialien ist bei jedem Mitglied der Assoziation anders. Frau Motuzienė schreibt dem Th.-Mann-Museum und dem Kulturzentrum in Nida einige Vorteile zu, darunter das perfekt erhalten gebliebene und authentische Sommerhaus und das schon seit dreißig Jahren veranstaltete Kulturfestival, das am 13.-20. Juli dieses Jahr stattfindet und den Namen des Schriftstellers trägt. „Dank der Zusammenarbeit mit unseren ausländischen Partnern können wir unsere Sichtweise deutlich erweitern und den Besuchern des Museums und der Veranstaltungen neue Erkenntnisse vermitteln“, meinte sie.

Th. Mann ist ein anerkannter klassischer Schriftsteller der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts, berühmt auch durch seine aktive gesellschaftliche Position, die einen großen Einfluss auf die Wendungen seines Schicksals und die Geografie seines Lebens hatte. Th. Mann stammt aus der Hansestadt Lübeck in Norddeutschland, er lebte später in München und gründete dort eine Familie. Zusammen mit seiner Frau und seinen Kindern verbrachte er einige Sommer in Nida und war von dieser Gegend bezaubert. Nachdem in seinem Heimatland die Nationalsozialisten an die Macht gekommen waren, übersiedelte der Schriftsteller in die USA und verbrachte seinen Lebensabend dann in der Schweiz.  

Das Netzwerk der Thomas-Mann-Häuser vereint das Buddenbrookhaus in Lübeck, das Monacensia im Hildebrandhaus in München, das Th.-Mann-Kulturzentrum in Nida, das Th.-Mann-Archiv in Zürich, die Villa Aurora in den USA und das Thomas-Mann-Haus in Berlin.

1929, vor 90 Jahren, erhielt Thomas Manns „Buddenbrooks“, die Geschichte des Verfalls einer Familie in Lübeck, in die Details aus seiner eigenen Familiengeschichte eingewoben sind, den Literaturnobelpreis als der „erste große Roman des 20 Jahrhunderts“.