Die Bewohner und Gäste des Ortes wurden Zeugen einer bewegenden Zeremonie in der Kirche Maria Hilfe der Christen in Nida am Montagmorgen. Dem ehemaligen Präsidenten der Republik, Valdas Adamkus, wurden die Regalien des Ehrenbürgers von Neringa  überreicht.

Neringa war immer ein Lieblingsort in Litauen für den Präsidenten. Er ist seit nunmehr beinahe 20 Jahren Schutzherr des Internationalen Thomas Mann Festivals und hat viele Male am Diskussionsprogramm des Festivals teilgenommen.

Valdas Adamkus selbst sagt dazu, dass die humanistischen Ideale, die das Festival fördert, sehr wichtig sind und besonders heutzutage gebraucht werden. Die Fans des Festivals, die jedes Jahr aus Litauen und dem Ausland nach Nida anreisen, bestätigen, dass es hier die Möglichkeit zu „Gespräch, Dialog und Toleranz“ gibt.

Das internationale Fest der Künste begann diesen Samstag in der Kurischen Nehrung zum 23. Mal und lud zu Gesprächen über Heimat ein, ein Thema, das für jeden relevant ist. Die Eröffnungsrede von Valdas Adamkus war eine bedeutsame Einleitung zur Eröffnungsveranstaltung in der evangelisch-lutherischen Kirche in Nida.

„23 Jahre scheinen ein kurzer Zeitraum in der Geschichte eines Staates oder einer Nation, oder in der Menschheitsgeschichte. Aber dieser Zeitraum war voller Ereignisse und Veränderungen, denen immer Hoffnung auf dem Fuße folgte. Es schien, dass mehr Selbstvertrauen und Verständnis entstand, es sah aus, als wären wir fähig Konflikte zu überwinden und dass die Menschen endlich verstehen, dass die einzige Sprache für unser Zusammenleben jene des Respekts, der Toleranz und des gegenseitigen Zuhörens ist. Leider liegt dies alles auch heute noch mehr im Bereich der Hoffnung als in der Realität. […]

Bietet unsere Heimat Europa wirklich jedem eine sichere und würdige Existenz in einer sicheren und würdigen Heimat?“ – fragte der Präsident auf rhetorische Weise und bezog sich dabei auf die Ukraine, Georgien und Moldawien.

Er drängte darauf hin, die Worte Thomas Manns gut zu beachten, der als Zeuge seiner Zeit spricht und uns allen heute eine Botschaft sendet. Denn die Grundprinzipien seiner Schöpfung und des Lebens selbst sind der Respekt gegenüber der Person, den menschlichen Freiheiten, Respekt gegenüber der Vielfältigkeit und Lebensweisen und der Existenz von Nationen. „Wenn Brüdernationen sich beleidigt fühlen, dürfen wir nicht stumm oder gleichgültig bleiben“, betonte Valdas Adamkus und dankte jedem der zum Erhalt des Gedächtnisses an Thomas Mann einen Beitrag geleistet hat.

Das Thema „Heimatländer Europas“ wurde von einer musikalischen Aufführung während der Eröffnungsveranstaltung dramatisch aufgegriffen und weitergeführt. Der berühmte österreichische Bariton Wolfgang Holzmair, Gewinner des Grammy Awards und Professor am Salzburger Mozarteum hat das Publikum gemeinsam mit seiner Kollegin vom Mozarteum, Gaiva Bandzinaite, einer in Nida geborenen Pianistin, in die Suche nach der spirituellen Heimat geführt – und zwar mit Stücken zweier österreichischer Komponisten aus zwei unterschiedlichen Epochen. 

Zum einem mit Stücken des Lieblings unter den Fans des Festivals, Franz Schubert (1797-1828), der auf gewisse Weise zum Kommentator des Festivals wurde, und zum andern Stücke des noch nie auf dem Festival aufgeführten Komponisten Ernst Krenek (1900-1991). Der unübliche Dialog zwischen den beiden Komponisten und die außergewöhnliche Meisterhaftigkeit der Musiker und deren hypnotische Wirkung fesselten die Aufmerksamkeit des Publikums. Vor ungefähr 20 Jahren hat Wolfgang Holzmair, der heute nur noch selten auftritt, dieses einzigartige Liederprogramm mit großer Sorgfalt zusammengestellt und fein angepasst.

Die Gäste des Festivals werden noch zu einer anderen außergewöhnlichen Aufführung in der evangelisch-lutherischen Kirche geladen. Am 14. Juli wird einer der charmantesten litauischen Tenöre, Edgaras Montvidas, unter den Bögen dieser Kirche seine Stimme erklingen lassen. Der Sänger wird einen britischen Pianisten, Simon Lepper, begleiten und die beiden werden ein Programm ausgewählter Arien und Lieder darbieten. 

Und auch die anderen Montagsveranstaltungen sind es sehr wohl wert das Bad im Meer etwas nach hinten zu verschieben. Zum ersten Mal wird auch ein Vertreter der Familie des Bruders von Thomas Mann, dessen Enkelsohn Jindrich Mann, ein Regisseur und Schriftsteller, der in Tschechien aufgewachsen ist, zu einer Gesprächsrunde auf der Terrasse des Thomas Mann Museums einladen. 

Direkt nach diesem Treffen findet die Eröffnung einer Kunstausstellung im Museum der Kurischen Nehrung statt. Hier werden Aquarell- und photographische Werke von zwei Mitliedern der Künstlerkolonie in Nida ausgestellt: Werke der Schwestern Anna und Helene Michelau, die aus privaten Sammlungen ausgeliehen wurden.  Viele der Arbeiten dieser Frauen sind uns bis dato nur von den Titeln in alten Kunstkatalogen her bekannt.

Der Tag wird dann von einer Aufführung des Stummfilms „Die Stadt ohne Juden“ von Hans Karl Breslauer aus dem Jahre 1924 beendet. Diese Arbeit hat die Zerstörung durch die Nazis wie durch ein Wunder überlebt, indem Stücke des Films aus der ganzen Welt gesammelt und wieder zu einem Ganzen zusammengefügt wurden. Die musikalische Begleitung des Films wurde vom Ton- und Medienkünstler Thomas Köner speziell für das Festival komponiert und er wird die Musik am Eröffnungsabend live aufführen.

Bitte beachten Sie, dass alle Kinonächte in das Gemeinschaftshaus in Nida übersiedelt wurden (Taikos-Str. 17)
Sponsor des Festivals: Litauischer Kulturrat